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Alles, was du über die Energiebereitstellung im Körper wissen musst

Liebe MY HEALTHY FOOD Freunde,

unser Körper verbraucht ständig Energie – bei der Arbeit, beim Joggen und sogar, wenn wir schlafen. Fast jeder biochemische Prozess unseres Körpers benötigt Energie, um abzulaufen. Unser Energiebedarf ist gigantisch: Pro Gramm und Sekunde erzeugen unsere Gehirnzellen sogar 10.000mal mehr Energie als ein Gramm unserer Sonne.[1] Diese enormen Energiemengen verdanken wir insbesondere den Mitochondrien, die deshalb zu Recht als Kraftwerke unserer Zellen bezeichnet werden. Wenn du also deine Leistungsfähigkeit, sei es körperlich oder geistig, erhöhen möchtest, solltest du die Mitochondrien nicht vergessen. Sie stehen am Anfang unserer Leistungsfähigkeit, denn sie sind für 90% der Produktion der universellen Energieeinheit ATP in unserem Körper verantwortlich. Das und mehr erfährst du in diesem Newsletter.

Die Energiebereitstellung im menschlichen Körper

Unsere Muskeln und Nerven benötigen für körperliche und geistige Arbeit einen „Treibstoff“.

Die einzige Energieform, die unser Körper nutzen kann, ist ATP, ausgeschrieben Adenosintriphosphat. Prinzipiell gibt es vier Wege der Energieproduktion bzw. -freisetzung, davon laufen

  • zwei ohne Sauerstoff (anaerob) und
  • zwei mit Sauerstoff (aerob) ab (Abb. 1).
Abb. 1: Energiebereitstellung für die Muskeln ohne (anaerob) und mit Sauerstoff (aerob)

Die anaeroben Prozesse (ohne Sauerstoff) der ATP-Synthese laufen im Zellplasma (Zytosol der Zelle) ab, die aeroben Prozesse (mit Sauerstoff) in den Mitochondrien (Kraftwerke der Zellen) (s. auch Abb. 17).

Die Energiebereitstellung aus im Muskel gespeichertem ATP und Kreatinphosphat (KrP) ist die schnellste. Leider reicht das gespeicherte ATP (1,5 kcal) bzw. Kreatinphosphat (3,5 kcal) nur für wenige Sekunden aus (Abb. 2 und Abb. 12). Danach muss der Körper auf die gespeicherten Nährstoffe (Kohlenhydrate, Fette) zurückgreifen, deren Vorrat an gespeicherter chemischer Energie für Stunden und Tage ausreicht. Die aeroben Prozesse der Energiegewinnung beanspruchen leider deutlich längere Zeit für die ATP-Bildung, da Sauerstoff erst in die Zelle und weiter in die Mitochondrien transportiert werden muss (Abb. 2, siehe auch Abb. 17).

Abb. 2: Die anaerobe Energiebereitstellung (ATP, KrP) geht superschnell, aber Power auf Dauer bekommt man nur aus den im Körper gespeicherten Kohlenhydraten und Fetten (hier: Energiespeicher eines 75 kg schweren Menschen)[2]

Es gibt die verbreitete Meinung, dass man einen Marathon nur aus den gespeicherten Fetten gewinnen kann. Aber das ist grundfalsch: Wer seine Energie ausschließlich aus den gespeicherten Fetten gewinnen will, der produziert nur 0,4 mmol ATP pro Minute. Mit anderen Worten: Man würde bei dieser Art der Energiegewinnung jeden Marathonlauf verlieren. Wer seine Energie aus Kohlenhydraten (Glucose bzw. Glykogen in der gespeicherten Form) gewinnt, der kann 2,5 bis 6-mal mehr ATP pro Zeiteinheit produzieren (1,0 – 2,4 mmol/min) (siehe Abb. 2).

Die aerobe Energiegewinnung (mit Sauerstoff) hat die höchste Effizienz, wenn es um die Menge an Energie (ATP) geht, welches aus einem Molekül Glukose oder Fett gebildet werden kann (Abb. 3).

Abb. 3: Die ATP-Energieausbeute aus einem Molekül Kreatinphosphat (KrP), Glukose bzw. Fett

Bei der Energiegewinnung mit Sauerstoff gilt, je mehr Sauerstoff unser kardiovaskuläres System (Blutsauerstoff) für die Oxidation der Glukose und der Fettsäuren zur Verfügung stellen kann, desto mehr Energie haben wir, desto schneller können wir – mit Ausdauer – laufen.

Höhenluft: Ungleiche Chancen für Athleten in Mexiko

Die Energie-Entwicklung hängt somit ab von der Menge Sauerstoff, die aufgenommen wird. Die Olympischen Spiele wurden 1968 in Mexico City, 2240 Meter über dem Meeresspiegel, in dünner Höhenluft ausgetragen. Sportmediziner wussten, dass die Leistung in Höhenlagen niedriger ist und es insbesondere für nicht an die Höhenluft angepasste Sportler schwieriger sein würde Rekordleistungen oder gar Weltrekorde zu realisieren. Viele Sportler wurden deshalb für mehrere Wochen in Höhencamps geschickt, um sich in der dünnen Luft auf den Wettbewerb in Mexico City gut vorzubereiten. Der Aufenthalt in Höhencamps funktioniert sehr gut. Bei Himalaja-Expeditionen hat sich gezeigt, dass die europäischen Bergsteiger nach einer Zeit der Akklimatisierung den in viel größeren Höhen lebenden eingeborenen Sherpas, die als Träger mitkletterten, in der Leistung durchaus gleichwertig waren.

Die Sauerstoffmenge, die den Zellen zur Verfügung gestellt werden kann, hängt ab von der Kreislaufleistung. Das Herz eines Sportlers kann mehr Blut pro Herzschlag in den Körper pumpen, da die Herzgröße (Volumen) eines Sportlerherzes deutlich erhöht ist. Das Schlagvolumen steigt bis auf das Doppelte an: Pro Minute kann das Herz eines Ausdauersportlers bei starker körperlicher Anstrengung bis zu 39 Liter Blut durch den Körper pumpen; bei Untrainierten sind dies maximal 18 Liter.

Der Organismus kann auf den Bedarf an Blutsauerstoff nur für kurze Zeit verzichten, etwa für die Zeit eines 100-Meter-Laufs (siehe auch Abb. 12). Er muss das Defizit danach aber durch vermehrte Zufuhr von Sauerstoff kompensieren.

ATP – Der zentrale Treibstoff des menschlichen Körpers

ATP (Adenosintriphosphat)ist ein sogenanntes energiereiches Phosphat, welches durch seine Spaltung von ATP zu ADP (Adenosindiphosphat) die Muskelkontraktion ermöglicht (Abb. 4 und 5). ATP (Adenosintriphosphat) besteht aus einer Adenosin-Gruppe mit drei Phosphaten. Diese Phosphate sind hochenergetisch gebunden. Man kann sich das wie eine Feder vorstellen: Wenn sich eine zusammengedrückte Feder in einer kleinen Box befindet, dann ist die Energie gespeichert. Nimmt man die Feder aus der Box heraus so entspannt sich die Feder und befreit die gespeicherte Energie.

Abb. 4: Energiegewinnung: ATP (Adenosintriphosphat) wird zu ADP (Adenosindiphosphat) + Phosphat gespalten. Die freiwerdende Bindungsenergie steht für die Muskulatur zur Verfügung.

Wenn also unser Körper Energie für einen Prozess benötigt, dann passiert genau das: Es springt eines dieser Phosphate von dem ATP-Molekül ab, die Feder gibt die Energie frei und übrig bleibt ADP (Adenosindiphosphat), welches nur noch zwei Phosphate hat. Bei dem Prozess wird gleichzeitig Wärme erzeugt; das ist die Ursache, warum uns beim Training warm wird. Die folgende Abbildung macht diesen molekularen Vorgang grafisch sichtbar (Abb. 5).

Abb. 5: 3D-Darstellung der Energiegewinnung von ATP zu ADP

Die Energiegewinnung des Körpers

In unserer Muskulatur ist nur eine sehr kleine Menge ATP gespeichert, ca. 1,5 kcal (s. auch Abb. 2). Das reicht nur für wenige Sekunden Aktivität. Unser Körper muss deshalb ATP aus anderen Energiequellen nachproduzieren. Da ist zum einen Kreatinphosphat, aber vor allem sind es die Kohlenhydrate und Fette, die wir essen bzw. im Körper gespeichert haben.

Unfassbar: Wieviel ATP benötigen wir pro Sekunde?

Die Energiemenge eines Moleküls wird als kcal-Energie pro Mol dieses Stoffes (kcal/mol) angegeben. Ein Mol ist die Menge eines chemischen Stoffes, die seinem relativen Molekulargewicht in Gramm entspricht. In einem Mol eines ATP-Moleküls stecken 7 Kilokalorien (kurz mit „kcal“ bezeichnet). Definitionsgemäß enthält ein Mol eines Stoffes exakt 6.02214076 x 1023 (602 Trilliarden) Teilchen. Das bedeutet also, dass eine Kalorie etwa 10 hoch 23 ATP-Moleküle entspricht – das ist eine Eins mit 23 Nullen. Eine Kilokalorie „besteht“ somit aus hundert Millionen Billionen Billionen ATP-Molekülen. Und wenn wir das auf die ATP-Menge herunterbrechen, die man pro Sekunde braucht, dann braucht man etwa 2.314 Billionen Billionen dieser Moleküle pro Sekunde (Abb. 6).

Abb. 6: Eine Kilokalorie besteht aus hundert Millionen Billionen Billionen ATP-Molekülen

Da wir Menschen etwa 40 Billionen Zellen haben, bedeutet das, dass jede Zelle Billionen dieser Moleküle pro Sekunde herstellt, um uns am Leben zu erhalten. Unsere Mitochondrien produzieren an einem Tag ca. 85 kg ATP. Im Laufe eines Lebens produzieren unsere mikroskopisch kleinen Zellkraftwerke somit rund 2.000 Tonnen Lebensenergie!

Die Wissenschaft hinter Usain Bolts 100-Meter-Weltrekord

Abb. 7: Schnellster Mann der Welt: Usain Bolt brauchte 9,58 Sekunden im 100-Meter-Lauf

Um die Bedeutung des ATPs zu veranschaulichen, nehmen wir das Beispiel des Ausnahme-Athleten Usain Bolt (Abb. 7). Usain Bolt hält eine Reihe von Weltrekorden im Sprint. Der 100-Meter-Sprint ist eine der höchsten Intensitäten, die ein Mensch in einer Sportart aufbringt. Man bewegt im Grunde alle seine Muskeln gleichzeitig mit maximaler Intensität.

Die in Watt gemessene Leistung ist einer der besten Indikatoren für die sportliche Leistung. Der Grundumsatz (Ruheumsatz) eines Sportlers liegt bei etwa 90 Watt pro Sekunde. Radrennfahrer der Tour de France fahren stundenlang mit einer Leistung von etwa 500 Watt und können in kurzen Stößen eine Leistung von 1500 Watt erreichen.

Wissenschaftler haben die Leistung errechnet, welche Usain Bolt bei seinem legendären 100-Meter-Weltrekordlauf erbrachte. Sie fanden heraus, dass er nach nur 0,89 Sekunden des Rennens, als er die Hälfte seiner Höchstgeschwindigkeit erreicht hatte, eine maximale Leistung von 2619,5 Watt erbrachte.[3] Das entspricht in etwa 3,5 Pferdestärken (PS)!  Das bedeutet, dass Usain Bolt beim Rennen 29,1-mal mehr ATP verbraucht als bei seinem Grundumsatz in Ruhe.

Bei Aufbrauch von ATP: Tot 2,57 Sekunden nach dem Startschuss!

Das heißt also, wenn der Startschuss fällt und Usain Bolt zu laufen beginnt, dann hätte er noch 2,57 Sekunden zu leben, wenn er kein ATP produzieren würde. Er würde es nicht einmal bis zur 20-Meter-Linie schaffen und wäre tot (Abb. 8).

Abb. 8: Ohne ATP-Produktion würde es ein Hochleistungsathlet nicht bis zur 25-Meter-Linie schaffen

Er schafft den Lauf nur, weil er beim Lauf seine ATP-Produktion um ein Vielfaches steigert. Die Energiebereitstellung muss so schnell erfolgen, dass diese ohne den Einsatz von Sauerstoff („anaerob“) stattfindet. Die Muskelzelle ist in der Lage, einen Teil des ATPs zu re-synthetisieren, indem ADP und Kreatinphosphat (KrP) zusammen eine kleine Menge ATP erzeugen (Abb. 9).

Abb. 9: Der anaerobe Wiederaufbau von ATP durch Kreatinphosphat (KrP)

Der Vorrat an den energiereichen Phosphaten ATP und KrP wird nach Belastungsende binnen weniger Minuten nach Beendigung der Belastung wieder aufgefüllt. Dieser Prozess ist innerhalb von 30 Sekunden zu ungefähr 70 % und nach 3 bis 5 Minuten zu fast 100 % vollendet (Abb. 10).

Abb. 10: Der Vorrat an ATP und KrP wird während der Belastung schnell aufgebraucht. Während der Erholung wird dieser Vorrat innerhalb weniger Minuten wieder vollständig aufgefüllt.

Bei Leistungsportlern ist die hochdosierte Einnahme von Kreatin üblich, um dadurch den Kreatinphosphatspeicher der Muskulatur zu vergrößern und damit die Leistung zu steigern (Abb. 11). Die Einnahme von Kreatin sollte nur in Begleitung einer Fachperson und abgestimmt auf die spezifische, individuelle Situation erfolgen, da Kreatin auch unerwünschte Nebenwirkungen (Gewichtszunahme, Durchfall, Bauchschmerzen) haben kann.

Abb. 11: Kreatin Monohydrat-Pulver für Leistungssportler (Achtung: Nebenwirkungen!)

Die größten körperlichen Energiespeicher

Wie oben bereits erwähnt ist in der Muskulatur nur eine sehr kleine Menge ATP gespeichert, ca. 1,5 kcal. Es gibt zwar noch ein zweites energiereiches Phosphat, das Kreatinphosphat (KrP), welches aus ADP ATP regenerieren kann, aber auch das ist nur in einem kleinen Ausmaß verfügbar, ca. 4 – 8 kcal (siehe auch Abb. 2). Die im Körper verfügbare ATP-Menge gestattet sofortige körperliche Höchstleistung, jedoch reicht diese Menge an ATP nur für wenige Sekunden. Die eigentlichen Energieträger sind die im Körper gespeicherten Kohlenhydrate und Fette. Die Umwandlung der gespeicherten Fette und Kohlenhydrate geschieht innerhalb der Mitochondrien mithilfe von Sauerstoff.

Etwa 600 Gramm Kohlenhydrate sind in Form von Glykogen (die Speicherform von Glukose bzw. Traubenzucker) in der Muskulatur (ca. 500 g) und in der Leber (ca. 100 g) gespeichert. 600 Gramm Kohlenhydrate sind etwa 2.400 kcal (1 Gramm = 4 kcal). Diese Energiequelle ermöglicht intensive Ausdauerbelastungen bis zu etwas eineinhalb Stunden.

Den weitaus größten körperlichen Energiespeicher stellen die Fette dar. Selbst bei schlanken Menschen ist die in den Fettdepots enthaltene Energie das 30- bis 50-fache der in Form von Glykogen gespeicherten Energie. Bei dicken Personen entsprechend mehr, je kg Körperfett ca. 9.000 kcal (1 Gramm = 9 kcal). Damit sind stundenlange, ja sogar tagelange Ausdauerleistungen – mit allerdings geringerer Intensität – möglich. Auch in Ruhe verbrennen wir in unseren Muskeln so gut wie ausschließlich Fett bzw. Fettsäuren („Schlank im Schlaf“).

Die Energiebereitstellung im menschlichen Körper

Die Reaktionswege der vier Energiestoffwechsel unterscheiden sich wesentlich hinsichtlich ihrer maximalen Einsatzdauer (Abb. 12), Geschwindigkeit der Energiefreisetzung und der gebildeten Menge an ATP. Die Energiebereitstellung im Körper ist somit abhängig von der Intensität der Leistung.

Abb. 12: Die Energiebereitstellung im menschlichen Körper auf einen Blick

Es besteht prinzipiell immer ein „Nebeneinander“ der einzelnen Energiestoffwechselwege mit fließenden Übergängen in Abhängigkeit von der jeweiligen Belastungsintensität. Die nachfolgende Grafik 13 verdeutlicht dies.

Abb. 13: Die Hierarchie der Energiebereitstellung aus unterschiedlichen Quellen

Jeden Tag stellt unser Körper ca. 85 kg ATP-Moleküle her. Damit diese Menge produziert werden kann muss das ATP-Molekül ca. 1.500-mal am Tag recycelt werden.

Die vier Energiestoffwechselarten im Detail

Hochleistungssportler müssen die vier Energiestoffwechselarten genau kennen, denn sie sind die Basis für die zeitliche Planung des Energieverbrauchs (Abb. 12 und 13).

100-Meter-Sprint

1. Anaerob-alaktazide Energiefreisetzung aus Phosphaten (ohne Laktatbildung)

Die mittels der energiereichen Phosphate (ATP, Kreatinphosphat) direkt verfügbare Energie kann am schnellsten umgesetzt werden und ermöglicht damit die höchstmögliche Leistung. Jedoch ist diese Energiemenge sehr klein und reicht nur für kurze Zeit, etwa 6 bis 10 Sekunden. Diese Energiebereitstellung ist entscheidend für Maximal- und Schnellkraft sowie Schnelligkeit. Dies ist von hoher Bedeutung für den 100m-Sprint, Gewichtheben, Kugelstoßen, Hochsprung, usw., also bei explosiven, kurzen, schnellen und kraftvollen Bewegungshandlungen. Großer Vorteil: Diese Phosphatbatterie benötigt keinen Sauerstoff und es kommt zu keiner schmerzhaften Laktatbildung (Salz der Milchsäure).

4-mal-400-Meter-Staffellauf

2. Anaerob-laktazide Energiebereitstellung aus Glukose (mit Laktatbildung)

Noch bevor der Vorrat an Kreatinphosphat in den Muskelzellen vollständig verbraucht ist, beginnt die ATP-Bildung aus Kohlenhydraten (siehe auch Abb. 12). Die Energiegewinnung aus Glykogen kann entweder anaerob (ohne Sauerstoff) oder aerob (mit Sauerstoff) erfolgen.

Bei der anaeroben Energiegewinnung steht die Energie schneller zur Verfügung als bei der aeroben Energiegewinnung, denn beim aeroben Weg muss der Blutsauerstoff nicht erst in die Zelle und weiter ins Mitochondrium transportiert werden, sondern die Energiegewinnung findet im Muskel ohne Sauerstoff statt.

Der Nachteil ist, dass wegen der unvollständigen Oxidation der Glukose Laktat (ein Salz der Milchsäure) gebildet wird, welches bei der Übersäuerung der Muskeln zu einem schmerzenden „Brennen“ führt, was letztlich ein leistungsbegrenzender Faktor ist.[4] Beim Sport ist diese Art der Energiegewinnung z.B. beim 400-800 m Lauf von Bedeutung.

Ein weiterer Nachteil ist, dass bei diesem Stoffwechselweg aus einem Glukose-Molekül nur magere 2 ATP-Moleküle entstehen (siehe Abb. 3), wesentlich weniger als bei der aerob glykolytischen Verstoffwechselung mit Sauerstoff (nächster Abschnitt), dafür aber sehr schnell.

Marathon

3. Aerob-glykolytische Energiefreisetzung aus Glukose (ohne Laktatbildung)

Bei ausreichender Zufuhr von Sauerstoff wird Glykogen vollständig und viel effizienter zu Energie, Kohlendioxid und Wasser abgebaut. Bei dem aeroben Stoffwechselweg werden pro Glukosemolekül 38 ATP gebildet (siehe auch Abb. 3). Da es sich bei der aeroben Energiebereitstellung um einen langsamen Prozess handelt (siehe auch Abb. 2), sollte die Belastungsintensität nicht zu hoch sein, dafür kann die Belastungsdauer länger sein. Sie kann etwa 60-90 Minuten aufrechterhalten werden. Da die Glykogenspeicher begrenzt sind (ca. 600 g), sinkt nach Aufbrauch der Glykogenspeicher auch die Leistungsfähigkeit; als Energiequelle werden dann langsam zunehmend Fette genutzt.

Triathlon

4. Aerob-lipolytische Energiefreisetzung aus Fetten

Bei lang andauernder Belastung werden neben Glukose auch Fettsäuren abgebaut und verbrannt. Fette können nur mit Sauerstoff verstoffwechselt werden. Die Fettverbrennung dauert allerdings länger als die aerobe Glykolyse (Abb. 2). Das dauert aber und deshalb geht dies weiter auf Kosten der Bewegungsgeschwindigkeit. Die Geschwindigkeit kann aber über Stunden aufrechterhalten werden – so gewinnen Marathon-Läufer, Triathleten Radfahrer oder etwa Teilnehmer an der Tour de France oder dem Ironman-Wettbewerb ihr ATP.

Der große Vorteil sind die fast unerschöpflichen Fettreserven des Körpers. Aus Fett kann am meisten ATP gewonnen werden: aus einem Molekül Fett werden 129 ATP gebildet (Abb. 3).

Darstellung der Bewegungen des mitochondrialen ADP/ATP-Trägers

Mitochondrien erzeugen Energie für den Körper, indem sie aus ADP (Adenindiphosphat) ATP (Adenintriphosphat) herstellen. Dazu müssen die Zellen ADP aus dem Zellplasma über die Mitochondrienmembranen in die Mitochondrien transportieren. Sobald das ATP hergestellt ist, muss es zu anderen Teilen der Zelle transportiert werden, um dort in chemischen Reaktionen verwendet zu werden. Es gibt nur ein Problem: ATP und ADP können nicht direkt durch die innere Mitochondrienmembran transportiert werden. Wissenschaftler am MRC-MBU in Cambridge, UK, haben 2019 herausgefunden, wie diese Proteine diese bemerkenswerte Aufgabe erfüllen. Spezielle mitochondriale ADP/ATP-Trägermoleküle transportieren die beiden Moleküle (ATP und ADP) durch die Membran. Damit dies gelingt ändern diese Trägermoleküle ihre Form, um ihre Ladung von einer Seite der Membran zur anderen zu transportieren (Abb. 14).

Abb. 14: Das mitochondriale ADP/ATP-Trägerprotein, das in der inneren Membran der Mitochondrien zu sehen ist, erfüllt die lebenswichtige Aufgabe, ADP in die Mitochondrien und ATP aus ihnen heraus zu transportieren.
Tragischer Wettlauf zum Südpol mit Energiegewinnung aus Eiweiß

Nur im Notfall: Eiweiß als Energiequelle

Zur Vollständigkeit sei erwähnt, dass der Körper theoretisch auch Eiweiß zur Energiegewinnung nutzen kann. Dies passiert aber eher in einer Notsituation, wenn der Vorrat des Körpers an Glukose- und Fetten zur Neige gehen. In diesem Fall baut der Körper Muskelmasse ab, um Energie zu sparen. Um diesen negativen Effekt zu vermeiden, sollte das Kaloriendefizit nur moderat sein.

Optimales Verhältnis der Energiebereitstellung beim Marathon

Während ein 100-Meter-Läufer seine Energie fast vollständig aus Kohlenhydraten (das in der Beinmuskulatur gespeicherte Glykogen) gewinnen kann, ist dies für einen Marathonläufer unmöglich, er muss zusätzlich Fettsäuren verbrennen, um länger mit dem Glykogen auszukommen. Die Fettverbrennung (Fettsäureoxidation) ist eine Form der Energiebereitstellung, die in unserem Organismus rund um die Uhr stattfindet. Relativ gesehen verbrennt man umso mehr Fett, je weniger intensiv die körperliche Belastung ist, jedoch ist aufgrund des niedrigen Energieumsatzes die absolute Menge an verbranntem Fett gering.

Je intensiver die Belastung wird, desto weniger trägt Fett prozentual zur Energiegewinnung bei und es wird gegenläufig immer mehr Glukose (Traubenzucker) verbrannt (primär aus den muskulären Glykogenspeichern als gespeicherte Energie „vor Ort“, aber auch aus dem Blut (Blutglukose = „Blutzucker“).  Das optimale Verhältnis der Energiebereitstellung beim Marathonlauf ist wie folgt:

  • Ca. 80% Energie durch die Oxidation von Glukose
    • davon ca. 75% aus Muskelglykogen („vor Ort“) und
    • ca. 5% aus Blutzucker (Blutglukose aus Leberglykogen und zugeführte Zucker)
  • Ca. 20% Energie durch die Oxidation von Fettsäuren („Fettverbrennung“)
Risiko: Marathon mit zu hohem Anfangstempo

Absolviert ein Läufer ungenügend vorbereitet oder mit zu hohem Anfangstempo einen Marathon, so ist der Anteil der Fettverbrennung am Anfang tiefer. Die Kohlenhydrat-Reserven schwinden somit schneller, weil der größte Teil der Energie durch Verbrennung von Kohlenhydraten gedeckt werden muss. Das ist nachteilig, weil man auch am Ende des Marathons noch Kohlenhydrate verstoffwechseln sollte.

Abb. 15: „Mann mit dem Hammer“: Marathon-Läuferin kriecht auf allen vieren durchs Ziel

„Mann mit dem Hammer“

Denn sind die Kohlenhydrat-Vorräte auf einem sehr tiefen Niveau, muss das Tempo unweigerlich reduziert werden. Dieser “Einbruch” ist nichts anderes, als dass der Körper zu wenig Energie aus den “schnellen” Kohlenhydraten ziehen kann und auf die trägere Fettverbrennung umstellen muss. Weil die Fettverbrennung mehr Sauerstoff benötigt, muss unweigerlich das Tempo reduziert werden. Im Läuferjargon spricht man dann vom “Mann mit dem Hammer”: Das Muskelglykogen ist vorzeitig aufgebraucht. Die „Kunst“ ist, es durch die richtige Wahl der Belastungsintensität, quasi mit dem „letzten Tropfen“ Glykogen, im Ziel anzukommen.

Selbstoptimierung mit kontinuierlicher Glukosemessung

Glukosesensoren sind überlebenswichtig für Diabetiker, um den Blutzucker zu kontrollieren und gegebenenfalls Insulin zu spritzen. In den letzten Jahren verwenden aber immer mehr Profisportler (sogenannte „Supersapiens“) Blutzuckersensoren für die Echtzeitglukosemessung, um eine strategische Nahrungsaufnahme (“Real-Time Energy Management System“) zu ermöglichen (Abb. 16).

Abb. 16: „Supersapiens“: Marathonläufer mit Blutzuckersensor am Arm

Radsportverband verbietet Glukosesensoren: „Unfairer Vorteil“

Im Radsport haben bereits einige Profiteams der Tour de France 2020 diese Sensoren eingesetzt (Abb. 17). Die Messung des Blutzuckers ermöglicht eine individuelle ‚Re-Fuel‘-Strategie: Die richtige Nahrung in den richtigen Zeitabständen führt zu einem stabilen Glukosespiegel und hilft, Muskelermüdungen zu vermeiden. Der Weltradsportverband UCI hat Glukosesensoren im Juni 2021 für Wettkämpfe verboten. Im Training bleiben sie erlaubt.

Abb. 17: Blutzuckersensor am Arm des Profiteams Jumbo-Visma (Tour de France 2020)

Mitochondrien: Die gigantischen Zwerge

Die anaerobe Energiegewinnung findet im Zellsaft (Zytosol, engl. cytosol) der Zelle statt (Abb. 17). Der überwiegende Teil der Energiegewinnung (90%) findet jedoch im Rahmen der aeroben Energiegewinnung in den Mitochondrien statt (Abb. 18).

Abb. 18: Mitochondrium: Die meiste Energie (ca. 90%) wird in den Mitochondrien produziert, lediglich 10% der Energie wird im Zellsaft außerhalb der Mitochondrien produziert

Mitochondrien werden in fast allen Lehrbüchern liebevoll als die Kraftwerke der Zelle bezeichnet. Die Mitochondrien befinden sich in fast allen Zellen des menschlichen Körpers (Ausnahme: rote Blutkörperchen) (Abb. 19).

Abb. 19: Mitochondrien in einer normalen Zelle

Ein Mitochondrium ist ca. 4 x 0,8 Mikrometer groß; der Durchmesser entspricht 0,00008 eines Zentimeters. Zum Vergleich: Der Kopf einer Stecknadel hat einen Durchmesser von 2 Millimetern (Abb. 20). Ein Mitochondrium ist somit nur ein 2.500stel so groß wie der Kopf einer Stecknadel.

Abb. 20: Größenverhältnisse eines Mitochondriums

Jede Zelle besitzt 1.000 bis über 2.000 Mitochondrien. Hirn- und Herzmuskelzellen können sogar bis zu 7.000 Mitochondrien besitzen. Bis zu einem Drittel des Volumens einer Herzmuskelzelle wird von Mitochondrien eingenommen. Das verdeutlicht, dass die Kontraktionsarbeit des Herzmuskels sehr viel Energie benötigt. Je größer das Herzvolumen und je höher der Herzschlag, desto mehr Blutsauerstoff kann zu den Muskelzellen transportiert werden, wo die Mitochondrien ebenfalls auf Sauerstoff zur Energiegewinnung angewiesen sind.

In den Skelettmuskelzellen befinden sich die meisten Mitochondrien (bis zu 30.0000 Mitochondrien pro Zelle)! Dies ermöglicht den Skelettmuskelzellen, während des Trainings massive Menge an ATP herzustellen (Abb. 21).

Abb. 21: 3D-Darstellung einer Skelettmuskelfaser mit Mitochondrien

Wie fördere ich die Mitochondrienbildung?

Durch sportliche Aktivität lassen sich schnell Erfolge erzielen, denn die Mitochondrienbildung ist extrem anpassungsfähig und reagiert sofort: Schon eine Trainingseinheit lässt neue Mitochondrien entstehen. Wir können also von heute auf morgen unser mitochondriales System verbessern. Die schlechte Nachricht: Mitochondrien leben nur 20 Tage. Das bedeutet, wer drei Wochen beim Training nachlässig ist, fährt seine mitochondriale Kapazität wieder zurück. Sowohl der leistungsorientierte Sportler als auch der gesundheitsbewusste Freizeitsportler sollte deshalb keine Trainingspausen von über zwei Wochen Länge einlegen.

Mitochondrien und Gewichtsabnahme

Wie die obigen Ausführungen gezeigt haben, sind die Mitochondrien zentral für den Energiestoffwechsel. Die Mitochondrien bestimmen darüber, ob ein Sportler auf das Siegertreppchen kommt, ob wir uns schlapp fühlen oder energiegeladen und auch ob wir Gewicht zunehmen oder verlieren. Denn die Mitochondrien verbrennen unsere chemische Energie (Kohlenhydrate, Fette) und je nachdem wie effizient das abläuft, bestimmt dies auch den Grundumsatz unseres Körpers. Menschen mit einem hohen Grundumsatz verbrennen mehr Energie – und sind vergleichsweise schlanker – als Menschen mit einem niedrigen Grundumsatz, welche ihre Polster nicht so schnell verbrennen.

Die Wissenschaft hat sich deshalb in den letzten Jahren intensiv damit beschäftigt zu bestimmen, wie wir die Mitochondrien dazu bringen können mehr Energie zu produzieren, aber auch wie wir den körpereigenen Grundumsatz (die Energie, welche wir im Ruhezustand verbrennen) verändern können. Wer zum Nordpol aufbricht möchte eher einen niedrigeren Grundumsatz (effizientes Verbrennen der Energiereserven) als jemand, der mit möglichst wenig Bewegung schlank sein möchte.

Gewichtsabnahme durch Sport?

Die Fettverbrennung während des Trainings ist nicht mit Fettabbau zu verwechseln. Fettabbau ist die Reduktion von gespeichertem Körperfett, wenn die Energiebilanz über einen längeren Zeitablauf negativ ausfällt. Für eine erwünschte Gewichtsabnahme im Sinne einer Reduktion des Körperfettanteils ist die Fettverbrennung während des Sports nicht relevant, vielmehr ist das entscheidende Kriterium der durch die sportliche Aktivität gesteigerte Energieumsatz in der Erholungsphase über mehrere Stunden und Tage (sog. „Nachbrenneffekt“). Das heißt, der tägliche Energieverbrauch muss höher sein als die Energiezufuhr (gemessen in Kilokalorien). Bei negativer Energiebilanz holt sich der Organismus die noch benötigte, aber „fehlende“ Energie aus dem Fettgewebe. In Ruhe verbrennt der Körper, vor allem die Muskeln, in erster Linie Fett („Schlank im Schlaf“). Je höher der sogenannte Grundumsatz ist, desto mehr Fett wird rund um die Uhr verbrannt.

Um ein Kilogramm Fettgewebe abzubauen, muss man rund 7.000 kcal „einsparen“ (nicht 9.000 kcal, da Fettgewebe nicht aus 100% Fett besteht). Bei einem täglichen „Energie-Minus“ von nicht einmal 250 kcal bedeutet das ca. 1 Kilo „Fettverlust“ im Monat.


[1] Die Aussage „Meine Gehirnzellen atmen intensiver als alle anderen Zellen meines Körpers und erzeugen pro Gramm und Sekunde mehr Energie als ein Gramm unserer Sonne. All dies verdanke ich winzigen Verbrennungsmaschinen im Innern meiner Zellen – den Mitochondrien.“ geht auf den Biochemiker Gottfried Schatz (1936-2015) zurück, der sein wissenschaftliches Leben der Erforschung der Mitochondrien widmete. Schwer zu glauben? Hier sind die Zahlen: Im Durchschnitt wiegt ein Mensch 70 Kilogramm und verbraucht täglich etwa 12.600 Kilojoule; das ergibt etwa 2 Millijoule / Gramm und Sekunde, oder 2 Milliwatt / Gramm. Für die Sonne sind es nur 0,2 Mikrojoule / Gramm und Sekunde. Umrechnung: 1 Milliwatt [mW] = 1000 Mikrojoule/Sekunde [µJ/s]

[2] Jürgen Weineck, Sportanatomie, 2010

[3] J.J. Hernández Gómez, On the performance of Usain Bolt in the 100 m sprint, in: European Journal of Physics 34(2013) 1227-1233

[4] Im Zusammenhang mit körperlicher Anstrengung ist Laktat allerdings weitgehend missverstanden worden. Die schädlichen Auswirkungen (empfundene Schmerzen, Ermüdung) von Milchsäure (HLa) auf die Muskeln und die körperliche Leistungsfähigkeit sind auf das Wasserstoffion H+ und nicht auf Laktat (La-) zurückzuführen. Nicht das Laktat, sondern das mit dem Laktat verbundene H+ sammelt sich an. H+ kann sowohl die Kontraktionskapazität der Muskelfasern als auch die Kraft um mehr als 50 % verringern.