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Inhaltsverzeichnis

    Schützt resistente Stärke vor Diabetes Typ 2?

    Autor: Tessa Müller (B.Sc Ernährungswissenschaft und M.Sc Nutritional Medicine)

    Stärkereiche Lebensmittel wie Nudeln, Reis oder Kartoffeln gelten häufig als energiereiche Nahrungsmittel, die es insbesondere bei Stoffwechselerkrankungen oder zum Erhalt einer schlanken Linie im Auge zu behalten gilt. Dabei reichen nur wenige Tricks aus, um eine spezielle und sogar gesundheitsförderliche Form der Stärke, die sogenannte resistente Stärke aus den scheinbar ungesunden Lebensmitteln zum eigenen Vorteil zu nutzen.

    Anders als herkömmliche Stärke, entkommt die resistente Form der Stärke den kohlenhydratspaltenden Enzymen im Dünndarm und dient stattdessen den Bakterien im Dickdarm als Nahrung. Diese Eigenschaft kannte man zuvor vor allem von den besonders gesundheitsförderlichen Ballaststoffen – wenig überraschend also, dass die resistente Stärke in den Fokus zahlreicher Forschungsprojekte gerückt ist. Eine relevante Rolle könnte sie etwa in der Prävention und Therapie von Übergewicht und Diabetes Typ 2 spielen, da der Verzehr von resistenter Stärke den Blutzuckerspiegel sowie die Insulinsensitivität positiv beeinflussen kann.

    Was ist resistente Stärke?

    Bis Ende der 70er Jahre dachte man, dass die zu den Kohlenhydraten zählende Stärke (Grundlagenwissen: Kohlenhydrate) vollständig im Dünndarm abgebaut und verdaut wird. Inzwischen ist diese Annahme überholt: ein kleiner Anteil – die resistente Stärke – passiert den Dünndarm unverdaut und gelangt auf dem Weg durch den Verdauungstrakt weiter in den Dickdarm. Dort bildet sie die Nahrungsgrundlage für unsere Dickdarmbakterien. Diesem funktionalen Nutzen verdankt die resistente Stärke ihre Zugehörigkeit zu der in der Ernährungswissenschaft lange Zeit vernachlässigten Gruppe der Ballaststoffe, die ähnliche Eigenschaften aufweisen.

    Insgesamt werden 5 Unterarten resistenter Stärke (RS) unterschieden: Die erste Fraktion (RS1) beinhaltet Stärke, die in intakten Zellen eingeschlossen ist – vorzufinden in nur grob oder unzureichend zerkleinerten Getreidekörnern, bestimmten Hülsenfrüchten und Samen. Zur zweiten Fraktion (RS2) gehört Stärke, die aufgrund der speziellen Anordnung der Stärkemoleküle im Stärkekorn nicht verdaut wird – sie kommt unter anderem in rohen Kartoffeln, grünen Bananen, Wüstenweizen oder Amylose-reichen Maissorten vor. Resistente Stärke der dritten Fraktion (RS3) enthält die sogenannte „retrogradierte Stärke“, die beim Abkühlen zuvor erhitzter, stärkehaltiger Nahrungsmittel wie Kartoffeln, Teigwaren, Brot oder Reis entsteht. Zur retrogradierten Stärke findest du hier noch mehr Infos. Resistente Stärke vom Typ 4 (RS4) ist eine chemisch modifizierte Stärke, die in der Lebensmittelindustrie z.B. bei Backwaren, Brotprodukten oder in Getränken eingesetzt wird. Die fünfte Fraktion (RS5) liegt in Form von unverdaulichen Amylose-Lipid-Komplexen vor. Eine genauere Übersicht findest du hier.

    Schon länger weiß man, dass in Folge der bakteriellen Stärkefermentation im Dickdarm die kurzkettigen Fettsäuren Acetat, Propionat und Butyrat gebildet werden. Diese sind vor allem für eine gesunde Darmschleimhaut, eine intakte Darmbarriere und den Erhalt eines gesunden Mikrobioms wichtig. Die gesundheitsförderlichen Aspekte von resistenter Stärke gehen jedoch darüber hinaus. Studien zufolge soll diese spezielle Stärkeform etwa den Blutzuckerspiegel senken sowie den Fettstoffwechsel positiv beeinflussen. Es gibt sogar EU-weit eine offiziell zulässige gesundheitsbezogene Angabe (ein sog. Health Claim), wenn der Anteil der resistenten Stärke am Stärkegehalt eines Lebensmittels insgesamt mindestens 14 % beträgt. Mit dem Claim darf dann auf dem entsprechenden Produkt geworben werden. Er lautet: Der Ersatz von verdaulicher Stärke durch resistente Stärke in einer Mahlzeit trägt dazu bei, dass der Blutzuckerspiegel nach einer Mahlzeit weniger stark ansteigt.

    Ist resistente Stärke also das neue Wundermittel zur Prävention von metabolischen Erkrankungen wie Diabetes?

    Diabetes – Risikofaktoren

    In Deutschland sind rund 7,5 Millionen Menschen an Diabetes mellitus erkrankt – 95% davon leiden an einem, im Volksmund auch als Altersdiabetes bekannten, Typ-2-Diabetes (T2DM) – Tendenz steigend. Die häufig chronisch verlaufende Erkrankung hat zahlreiche negative Konsequenzen: eine verkürzte Lebenszeit, verschlechterte Lebensqualität sowie verschiedene Begleit- und Folgeerkrankungen die das Herz-Kreislaufsystem (Schlaganfall, Herzinfarkt), die Augen, Nieren oder Nerven betreffen. Belastet sind nicht nur die Betroffenen, sondern in finanzieller Hinsicht auch das Gesundheitssystem. Angesichts dieser zunehmenden Verbreitung ist die Diabetes Prävention von hoher Relevanz. Hauptrisikofaktor für die Diabetes-Entstehung und somit primär zu verhindern, sind Übergewicht und ein dauerhaft erhöhter Insulin- sowie Blutzuckerspiegel, der zu Insulinresistenz führen kann. Insulinresistenz bedeutet, dass die Körperzellen nicht mehr genug auf das Insulin reagieren und somit weniger Glukose aus dem Blut in die Körperzellen aufgenommen werden kann.

    Resistente Stärke als Diabetes-Prävention sinnvoll?

    Und genau hier soll resistente Stärke helfen: Dadurch, dass resistente Stärke im Dünndarm nicht zu Glukose gespalten wird, steigen die Glukose- und Insulinspiegel nach dem Verzehr von resistenter Stärke weniger stark an als nach dem Verzehr von verdaulicher Stärke. Und tatsächlich kommen einige Untersuchungen zu genau diesem Ergebnis: so führen körnerreiche Brote, also solche mit einem hohen Anteil an resistenter Stärke vom Typ 1, zu geringeren Glukose- sowie Insulinspiegeln als Brote aus fein gemahlenem Mehl (dies spiegelt sich übrigens auch im Glykämischen Index wieder). Zur Verhinderung einer Insulinresistenz wäre das körnerreiche Brot daher langfristig von Vorteil.

    Auch andere Studien weisen auf einen blutzuckersenden Effekt von resistenter Stärke hin. In einer Pilot-Studie beispielsweise wurde an gesunden Proband*innen untersucht, welchen Effekt retrogradierte Stärke, die beim Abkühlen von Kartoffeln, Nudeln oder Reis entsteht (RS3), auf den Blutzuckerspiegel hat. Wie in Abb. 1 zu sehen ist, zeigte frisch aufgekochte Pasta (blaue Kurve) einen etwas stärkeren Blutzuckeranstieg als abgekühlte (gelbe Kurve) oder wieder erwärmte Pasta (grüne Kurve).

    Abbildung 1: Blutzuckerverlaufskurven nach dem Verzehr von frisch gekochter, abgekühlter und wiedererwärmter Pasta.

    Wer sich bereits etwas mit dem Thema der personalisierten Ernährung befasst hat, ahnt es bestimmt schon: Es reagieren nicht alle Personen in gleichem Maße mit demselben blutzuckersenkenden Effekt. Auch bei einem bereits bestehenden oder sich anbahnenden Diabetes ist die Studienlage uneindeutig: Während in manchen Studien bei Diabetikern ein geringerer Blutzuckeranstieg und eine verbesserte Insulinsensitivität nachgewiesen werden konnte, zeigte eine zwölfwöchige Supplementation mit 45 g High-Amylose Maisstärke (RS2) bei Prädiabetikern keinen Effekt auf die Insulinsensitivität oder den Glukoseanstieg im Vergleich zu einem Placebo. Möglicherweise spielt das Darmmikrobiom eine entscheidende Rolle dabei, ob sich ein Effekt zeigt oder nicht. Noch ist also unklar, inwieweit sich das Fortschreiten eines Prädiabetes mit Hilfe von resistenter Stärke tatsächlich verhindern lässt. Zudem traten die beobachteten Effekte oftmals erst bei täglichen Zufuhrmengen zwischen 15 und 40 g resistenter Stärke ein – Mengen, die mit einer normalen Ernährung kaum erreichbar sind.

    Gesundheitsförderliche Effekte auf den Fettstoffwechsel und die Sättigung

    Trotz vieler positiver Hinweise bedarf es weiterer Forschung – unter anderem auch zur möglichen Identifizierung weiterer positiver Effekte von resistenter Stärke. So gibt es beispielsweise Hinweise darauf, dass resistente Stärke vom Typ 2 oder 3, in ähnlicher Weise wie Ballaststoffe, die Ausscheidung von Gallensäuren fördert und somit den Cholesterinspiegel bzw. die Triglycerid Konzentrationen senken kann. Allerdings wurde dieser Effekt bisher nur in Tierstudien beobachtet – am Menschen ließ sich dieser Effekt bislang noch nicht bestätigen.

    Für die Prävention von Übergewicht sowie von metabolischen Erkrankungen wie Diabetes ist außerdem die sättigende Wirkung von resistenter Stärke relevant. Der Effekt resultiert aus den quellenden Eigenschaften der resistenten Stärke, die zu einer verlangsamten Magenentleerung führt. Ein geringer Einfluss auf Sättigungshormone wie Glucagon-like Peptide-1 (GLP-1) oder Peptid YY (PYY) wurde ebenfalls bereits nachgewiesen – inwieweit sich dieser Einfluss aber tatsächlich messbar auf die Sättigung auswirkt, muss noch geklärt werden.

    Aktuelle Zufuhr sowie Zufuhrempfehlungen

    Die durchschnittliche Zufuhr von resistenter Stärke lässt sich nur schwierig ermitteln. Einerseits unterliegt der Gehalt an resistenter Stärke in den Lebensmitteln großen Schwankungen, andererseits hängt dieser auch unmittelbar von der Zubereitung des Lebensmittels ab. Generell steigt die Zufuhr mit dem Verzehr pflanzlicher Lebensmittel wie Getreide, Obst und Gemüse. Offizielle Zufuhrempfehlungen für resistente Stärke gibt es derzeit noch nicht. Allerdings sollte die Aufnahme zusammen mit anderen Ballaststoffen mindestens 20 bis 30 g ausmachen. Am einfachsten erreichen lässt sich diese Empfehlung über eine ballaststoffreiche Ernährungsweise mit viel Gemüse, Obst, Getreide und Hülsenfrüchten.

    Diese Lebensmittel enthalten viel resistente Stärke:

    LebensmittelResistente Stärke (g pro 100 g)
    Hülsenfrüchte (gegart), z. B. Linsenca. 4,5
    Wenig reife Banane4,7
    Vollkornhaferflocken4,6
    Kartoffeln (gekocht und abgekühlt)0,6
    Geschälter Reis (gekocht und abgekühlt)3,1
    Cornflakes4,3
    Bratkartoffeln2,8
    Vollkorn-Pasta (gekocht und abgekühlt)2
    Möhren1,6
    Shape! Pasta aus Wüsten-Weizen9
    Fibre! Love Mehl11

    Einfache Tricks in der eigenen Küche: So werden Kartoffeln, Nudeln und Co. zum gesunden Superfood

    Die Zubereitung der als Kohlenhydratbomben bekannten Grundnahrungsmittel ist entscheidend für ihren Gehalt an resistenter Stärke. Werden Nudeln, Reis und Kartoffeln gekocht und sofort verzehrt, enthalten sie in aller Regel keine resistente Stärke. Lässt du die Nahrungsmittel jedoch abkühlen, geschieht auf molekularer Ebene und für unser Auge unsichtbar folgendes: Die enthaltene Stärke lagert sich durch den Abkühlungsprozess chemisch zu resistenter Stärke und somit zu unverdaulichen Kohlenhydraten um. Abgekühlte Kartoffeln, Nudeln und Reis liefern damit nicht nur den wertvollen Ballaststoff, sondern gleichzeitig auch weniger Energie und damit eine geringere Kalorienmenge. Übrigens bleibt die resistente Stärke auch dann erhalten, wenn die abgekühlten Nahrungsmittel wieder aufgewärmt werden. 

    Noch effektiver ist es allerdings, wenn du schon von vornherein Lebensmittel mit einem hohen Gehalt an resistenter Stärke verwendest. So gibt es z.B. Getreidesorten wie den Wüsten-Weizen, der besonders reich daran ist und schon ohne Kochen und Abkühlen ein Vielfaches an resistenter Stärke enthält, siehe hier.

    Fazit

    Bislang konnte mit Studien noch kein Nachweis erbracht werden, dass der Verzehr von resistenter Stärke zur Prävention von Diabetes oder anderen metabolischen Erkrankungen tatsächlich beiträgt – dafür fallen die Effekte von resistenter Stärke in den Studien noch zu heterogen aus. Möglicherweise lässt sich dies durch unsere individuelle Reaktion auf resistente Stärke erklären – verantwortlich dafür könnte unser von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich zusammengesetztes Darmmikrobiom sein. Entscheidend ist sicherlich auch, um welche Art der resistenten Stärke es sich handelt, da nicht alle denselben blutzuckersenkenden bzw. cholesterinsenkenden Effekt erwarten lassen. Man müsste zukünftig also differenzierter zwischen den einzelnen Typen der resistenten Stärke unterscheiden, anstatt sie über einen Kamm zu scheren.

    Nichtsdestotrotz besteht aus ernährungsphysiologischer Sicht die klare Empfehlung, die Aufnahme von resistenter Stärke über Getreideprodukte, Kartoffeln, Gemüse und Obst zu steigern und Lebensmittel entsprechend so zuzubereiten, dass ihr Anteil an resistenter Stärke zunimmt. Der Verzehr von resistenter Stärke ist für unsere Darmgesundheit gleichermaßen nützlich wie ein hoher Konsum anderer ballaststoffreicher Lebensmittel, von denen die positiven Effekte längst bekannt sind.

    Quellen:

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    Resistente Stärke—Stärkeabbauende Enzyme—Resistente Stärke aus Kartoffeln—Resistente Stärke Bakterien—Resistente Kohlenhydrate—Resistente Maisstärke—Ballaststoff—Blähungen—Stärke in Lebensmittel—UGB-Gesundheitsberatung. (o. J.). Abgerufen 21. Oktober 2022, von https://www.ugb.de/ernaehrungsplan-praevention/resistente-staerke-ein-ballaststoff-kommt-in-mode/?resistente-staerke-ballaststoffe

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    Wenn „Zucker“ droht. (2019, Juni 27). DAZ.online. https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2019/daz-26-2019/wenn-zucker-droht